Niederrheinische Liederhandschrift von 1574

(1574-1591)–Anoniem Niederrheinische Liederhandschrift von 1574– rechtenstatus



[Folio 35r]
[Kundt ich vonn hertzenn singen] 1. Kundt ich vonn hertzenn singen Einn hůbsche tageweis Vonn lieb vnnd bitterenn schmertzenn, nhů mercket vf mit fleis Wie es eins koeningks dochter gingh, mit einem Jůngenn Graeffenn Nhůn hoeret hůbsch wůnder dingk. 2. Jn ihres vatters hofe mannich Edell Ritter was Noch liebet ir der Graůe Aůff Erdt vůr alles das, Was Gott důrch sein weisheit erschůeff Heimlich aůs betrůbtem herzenn thedt sey so mannichen roeff.
[Folio 35v]
3. Her got sendt mir das glůcke das er mein hertz erkenn, Loes mir aůf banndt vnnd stricke Frawe Venůs Edle mein Wie der Jůngkfrawe im herzenn was, Alsoe was aůch dem Graůenn alzeit ohn onderlaes. 4. Keins důrfft dem anndern sagenn Was im im hertzenn lagh Jr Jeglich thet sich hoffenn Ein selligenn Reichenn tagh, Der doch zů lest mit iamer kam Eins thedt dem andernn schreibenn vnnd leiten hin ihr scham.
[Folio 36r]
5. Ein tag der wardt gemeldet Zů einem brůnnenn kaldtt, dar lagh vern inn dem Felde Vůr einen groenen waldt Wehr ehe qůam zů des brůnnenn flůss, dar solt dem andern wartenn, Also was ir beschlůes. 6. Die iůngkfraw thedt sich zierenn Jnn einenn mantell weis Jr brůst thedt sey inschnierenn, vermachts mit gantzem fleis Aůch sprach die Edell Jůngfraw schoen kein man soll mich aůspreysen dan meins Graeůen sonn.
[Folio 36v]
7. Da sei kam zů dem brůnnenn Sey fandt groes frewdt vnnd lůst, Sey dacht ich hab gewůnnenn, meinn trawrenn ist verdůst Aůs aller noet wer ich verloest, O das ich sehe her reitenn, mein hofnůngh vnnd mein troest. 8. Zů hand lieff aůß dem walde Einn Grimme Leůin hehr, die Jůngkfrawe gar balde floegh vonn dannen fernn Vnnd qůam so fern den selben tagh Jhre mantel lies sey liggen, Daraůs kam nott vnd klagh.
[Folio 37r]
9. Die lewin bar ihr iůngen. Woll aůff dem mantell gůett Der mantell wardt besprennget, mit schweis vnnd roetenn blůtt Darnach die Lowin weder gingk, Zů waldtt, mit ihrenn Jůngen dar kam der Jůnglingh. 10. Da er den mantell fande Besprengt mit bloede so roet Da schraw er laůt zů hande O wehe mein lieb ist toedt So sey mich nit gefůndenn hatt Sey hatt sich selb erloedet O wehe der grossn nott.
[Folio 37v]
11. Nů můeß es Gott erbarmen, thedt er so mannighen růeff O wehe mir armenn, Seidt das mich Gott geschůeff Sein schwerdt das zoeg er aůs der scheid Kům mir zů meinem Ende Maria dů reine magt. 12. Wie hastu mein vergessen, Wo ist das Edell weib Hanndt sey die thier gefressenn, So kost es meinenn leib Jst sey důrch mich gestroebenn hey Jhrenn leib will ich bezahlenn Er fiel vf beide knie.
[Folio 38r]
13. Got gesegen dich mon vnnd sonne, des gleichenn laůb vnnd graeß Gott gesegenn dich freudtt vnnd wůnne, Vnnd was der himmel beschloes Seinn schwerdt das stach er důrch seinn hertz, Es soll kein weibes bilde, důrch mich mehr leidenn schmertz. 14. Da es wardt vmb den abendt Die Jůngkfrawe weder kam, Zů den brůnnenn gelaůbett Keinn toedtlich hertz vernam So bitterliche Klagh vůrwahr Sey wandt ir schneweis hande, raůft aůs ir gelbes haer.
[Folio 38v]
15. Die iůngkfraw fiel dar neder Gar oft ir da geschwandt, Wan sey aůfblicket weder Jr vnnmacht sey vnfangk Das trieb sey also dick vnnd viell, Bis ahn dan lichtenn morgenn Jr klagh ich kůrzen will. 16. Die iůngkfraw thet sich neigenn woll vff denn Graůenn schoen Gott gesegenn dich erb vnnd eigenn Gott gesegen dich koningkliche kroenn, Desgleichen, fewr, wasser, lůft vnnd erdt, Jnn den thedt sey aůsspringen vnnd zoegg aůs im sein schwerdt.
[Folio 39r]
17. Das schwerdt begůndt sey stechenn, důrch ihr betrůebtes hertz, Her Gott thůe inn mir rechenn, die dinng zů bitterenn schmertz, so es warlich ahn taege licht, die liebe vberwinnett alle dingk in diesser zeitt. 18. Hastu důrch mich aůfgebenn, Lanndt, leůdt, aůch Ehr, vnnd gůnst, Verzieret hir dein lebenn, Vnnd aůch verzeret dein blůet, Dů hast gemeindt ich sey ermordt, da will ich bey dir bleiben Ewiglich hir vnnd dort.
[Folio 39v]
19. Damit wil ich beschliessenn Die schoene tageweis Her důrch dein blůtt vergiessenn, geb vns das Paradeis Das liedt schenck ich einer Jůngkfrawenn rein, důrch sey wůlt ich aůch sterbenn, vf Erdt mocht es gesein.

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[Kundt ich vonn hertzenn singen]