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De Gemeenschap. Jaargang 3 (1927)

Informatie terzijde

Titelpagina van De Gemeenschap. Jaargang 3
Afbeelding van De Gemeenschap. Jaargang 3Toon afbeelding van titelpagina van De Gemeenschap. Jaargang 3

  • Verantwoording
  • Inhoudsopgave



Genre

proza
poëzie

Subgenre

tijdschrift / jaarboek


© zie Auteursrecht en gebruiksvoorwaarden.

De Gemeenschap. Jaargang 3

(1927)– [tijdschrift] Gemeenschap, De–rechtenstatus Gedeeltelijk auteursrechtelijk beschermd

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Potpourri

Wie die Königsallee herunter die Linden duften! Wie sich diese Luft atmet! Hinter uns die Stadt! Der Lunapark hinter uns! Weite Wege in den Föhrenwald hinein! Nur der Staub der uns kreuzenden Wagen durchsetzt Lindenduft und Waldesfrieden, legt sich wirbelnd um alles. Nun sitzen wir in den dunkelnden Abend hinein an weiszgedecktem Tisch mit der roten Ampel. Mitten im Grunewald. Vor dem Gasthaus und dem Garten stehen, die lange Reihe sorglich bewacht, die Autowagen. Drei, vier Dutzend. Die Leute alle, die hier zu Abend essen, kommen mit dem Wagen hergefahren aus der dunstenden, glühendem dampfenden Stadt. Bürgerliche Menschen, die ihr Auskommen haben! Heute!

Wir reden von oberflächlichen und von ernsten Dingen. Von dem Sinn des Lebens all dieser Menschen. Von ihrer Religion, wenn sie noch welche haben. Hat mit diesen Europäern, die Auto fahren und im Grunewald am weiszen Tisch mit der roten Ampel zu Abend essen, die Kirche noch irgendetwas zu tun? Mit den Groszkaufleuten drüben am Tisch? Mit der Jeunesse dorée und der Filmschauspielerin dort? Mit den Verdienem und den Erfolgreichen, mit den Geldmenschen und den Produktiven, mit den Managern der öffentlichen Meinung und der öffentlichen Sitte? Hat Kirche für diese Menschen noch Sinn? Es sei dann, dasz man sie respektiert! Wenn ein Osterreichischer Kollege begraben wird! Oder beim Spanischen Attache Kindtaufe gefeiert! Auch von Film sagt man gelegentlich, dasz er katholisch sei. Weil Szenerie, Toilette, Architektur Süd-italienisch, beuronisch, ravennatisch, frügothisch ‘aufgezogen’ sind!! Wo ein paar Prozessionen über die Leinwand rollen. Weil Gretchen vor der Pieta betet. Weil man aus der Hedwigskirche ein paar Leuchter geliehen hat! Es soll ein ‘echter’ Film werden. Fabelhaft katholisch! So kennt man die Kirche gelegentlich ganz von der Peripherie. Hat auch vielfach Katholische Dienstboten, die man gerne nimmt, da sich doch mit der Osterbeichte allerlei reguliert. Die katholischen Schwestern sind ‘fabelhaft’. Das Westsanatorium unübertrefflich. Auch die anderen elf Krankenhaüser, - so viele gibt es in Berlin - vom besten Ruf! Hat die Kirche sonst noch etwas mit diesen Menschen zu tun -?

Mein Freund, der, uns an dem Abend hergefahren, von Hause Katholik, fragt mit ernstem Akzent, ob es denn wirklich einen Sinn habe, dasz heute am Freitag kein Fleisch gegessen werde. Er hält das für sinnlos. Denn er könne sich im Esplanade-hotel sehr viel luxuriöser mit Fisch bedienen lassen. Ob die Abstinenz Sinn hat?

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Sinn diese Bändigung des Lebens? Sinn dieser feste Rahmen? Sinn dieser Ruf zum Geistigen in die Platheit des Materiellen? Wie das mit der Sontagsmesse sei?

Als wir unterwegs hielten und auf jemanden warteten, der mitfahren sollte, habe ich ihm das letzte Kirchenblatt gegeben, ond beim Scheine der Bogenlampen hat er darin geblättert. Die Kästchen mit den Lateinischen Buchstaben lasen sich so leicht wie das fettgedruckte Gebetbuch unserer Groszmutter. ‘Motor und Segelboot dispensieren nicht vom Gottesdienst’. Stand da. So las er, der vielleicht ein paar Jahr, wenigstens in Berlin nicht, wohl zu Hause in Münster, zur Kirche kam! Hat das Sinn, dasz man das Segelboot am Wannsee warten läszt, bis man in Gottesdienste war? Das die schlanke Yacht so lange auf der Havel schaukelt und an den Pflöcken reiszt? Erst Gottesdienst! Dann Körperkultur! Hat das Sinn?, fragt er. In dem Katholischerzogenen ists wie wenn aus weiter Ferne ein Geigenton klingt .... In diese Welt des Benzins, des Luftschiffs, der Geschäftseile, des Lunaparkes, der Filmsensation. Was will der Geigenton ....? Diese Europäer haben keine Kirche mehr. Leben abseits ihres Rhytmus. Wir werden der Reihe nach in späteren Nummern mit Fettdruck die zehn Gebote bringen. Das nächste Mal: ‘Du solist nich ehebrechen’. ‘Du solist nicht ehebrechen’ spricht er vor sich hin. ‘Das ist bitter’. Er sagts, wie wenn er von fremden Dingen spräche. Von unerhörten Unmöglichem. Wie wenn der Römische Patrizier der Kaiserzeit im Gelage des Palatin seinen Sklaven ruft und er hört dasz das ein Christ sei. Christentum! Für diese Europäer eine erledigte Sache. Sinn des Lebens? Geld! Erfolg! Kultur! Genusz! Mitmachen! Vergessen! Rasen! Stimmung! Dégout! Groszstadtleben!

Droben aber, eine Viertelstunde walde-inwärts liegt der stille, der furchtbare, der schaurige Friedhof. Menschen, die dieser Groszstadt gebrochen! Selbstmörder! Grab an Grab! Manchmal zwei Gräber in eins verschlungen! Verwilderte Straücher! Ein paar Amseln im Busch! Ein paar Buchstaben, unausgeschrieben, auf zerbrochenen Tafeln! Sinn des Lebens! ....

An den erlöschenden Lichtern des Lunaparks vorbei rasen wir in die Stadt. Den Kurfürstendamm hinunter. Siehst du im Winkel dort den Ingenieur? Der vorgestern in der Sprechstunde war? Morphinist! Steht jede Nacht hier und bettelt. Damit er morgen wie der Morphium spritzen kann! Heute obdachlos! Aus dem Gasthaus herausgewiesen! Das ihn ein paar Wochen beherbergte. Schläft im Freien. Sinn des Lebens! So wandern all die Gestalten durch unser Büro. Am Nachmittag kam ein Russischer Staatsanwalt der für Frau und Kinder und Mutter und die treue Siebzigjährige Dienerin, für sieben Köpfe,

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sorgen musz. Seit sechs Jahren aus Russland flüchtig! Ich habe ihm Zigarettenschachteln bestellt, mit Einlage, und poliert. Seine herzkranke Frau bemalt das schmale Holz. Der Staatsanwalt poliert es. Wir werden die Schächtelschen unter unsren Freunden verkaufen. Sinn des Lebens!

Ein Zirkusbesitzer war da. Ein Italiener. Seine zweihundertfünfzig pferde sind dahin. Sein Etablissement dahin. Sein Englische Frau hat nicht ein Pferd mehr. Sonst würden sie noch arbeiten können. Wir haben den beiden alten Leuten im Silber haar die letzten Reisespesen nach Rom gesammelt. Damit sie dort ihre Sache beim Staat gegen Sowjetrussland betreiben können. Morgen fahren sie in das ungewisse Land. Wo sie niemand kennt. ‘Wie oft’ sagt der gütige, feingeschnittene alte Herr mir, ‘habe ich früher Wohltätigkeitsveranstaltungen gegeben! Wie oft hat Reinhardt bei mir gespielt! Nun kennt mich keiner mehr, da ich um Wohltätigkeit bei anderen bitten musz.’ Sinn des Lebens!

Dann kam der Inder. Das war gegen sechs Uhr. Student der Philosophie. Der in Benares drüben studiert hat. Gehört zur Priesterkaste der Brahmanen. War ein halbes Jahr Yogi. - Bis vier Uhr hat er Hohlen geschaufelt. Arbeitet im Kabelwerk Oberspree. Nach der Arbeit aber ist er ganz Philosoph. Grübelt, studiert. Brahmanentum oder Christentum? Sinn des Lebens!

Tags darauf fuhr ich zu einer Krankenbesuch. Die alte Dame sasz sehr müde und voller Leid in ihrem Krankenstuhl. Gallenstein, Herzbeschwerden. Die Aerzte haben ein ernstes Gesicht gemacht. Abr um sie ist eine gütige Atmosphere. Ihre Söhnchen lauschen auf ihren Atemzug. Ein Schwester aus dem Hospital, eine Ordensschwester mit weisser Schürze sitzt drüben am Tisch und betet ihren Marienpsalter. Hält Krankenzimmer und Küche in Ordnung, trägt ein wenig Gottesgüte und Gottessegen in das Kranksein dieser Frau. Sinn des Lebens!

Mit dem Wagen eine halbe Stunde weiter nach Treptow hinaus. In ein enges Etagen zimmer. Drauszen am Rande der Stadt. Ich habe ihn schon vorige Woche versehen. Als der Atem schwer ging. Heute stehen schon die Merkmale des Todes auf dem keuchenden Antlitz, und den hilfslosen Gliedern. Es röchelt durch die schmale Brust. Der Mund ist geöffnet und sucht Luft. Die Augen werden gläsern. Wie ein Romanisches Bild aus ganz früher Zeit! Wie ein Christus am Kreuz! Ganz realistisch. Ganz stark. Ganz wehmutsvoll. Die gütige, die sichopfernde, die treue Frau steht ihm zur Seite. Sie hat nun die Näharbeit drüben in der Fabrik ein paar Tage aufgeben müssen. Seit sie Ihren Mann aus der Klinik zum Sterben heimholte. Hat Arbeit mit nach Hause genommen zum Nähen. ‘Denken Sie, Herr Dokter, da hat man

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mir heute die Arbeit weggeholt! Weil mein Mann am Sterben liegt, und ich unterdes doch nicht an der Nähmaschine arbeiten kann! Die Arbeit weggeholt! Und so verdienen wir nichts!’ Wir knieen nieder und machen ganz grosz das Kreuz über den Sterbenden. Es ist, wie wenn er noch einmal verstünde. ‘Bitte für uns, arme Sunder! Jetzt und in der Stunde unseres Todes.’ Sollen wir das ‘jetzt’ auslassen? ‘Hilf uns in der Stunde unseres Todes’ Wir sind allein mit ihm. Die Tochter ist zur Arbeit. Sonst kennt ihn niemand. Kein Freund, der ihn besucht. Einst hat er das Cello gespielt. Nun ist alles, alles aus. Wie einsam stirbts sich in der Groszstadt .... Sinn des Lebens - Sinn des Todes .... Ich lese in der Epistel der Votivmesse im Thessalonischen Brief: ‘Mortui qui in Christo sunt, resurgent primi’ So ist er in Christus gestorben. Wenn wir Groszstadtmenschen den nicht hätten in den schmalen Zimmern unserer Mietskasernen, den ganz tiefen, den ganz echten, den ganz überwaltigenden Glauben an Christus und seine Versprechung, was wäre der Sinn unsres Lebens! Immer noch stehen die Autos vor dem Gasthaus im Grunewald! Immer noch jagen mit mondänem Geschrei die Wagen sich auf dem Asphalt des Dammes! Immer noch steht der Ingenieur und bettelt um Almosen für den zermarterten Morphiumleib! Immer noch duftet Jasmin auf dem Selbstmörderfriedhof! Immer noch geht die weisse Schwester sorglich um die kranke Patientin! Er ist unterdessen röchelnd und einsam verschieden .... Ich bin grad noch recht gekommen, und danke den Freund, der mir um drei Uhr noch sein Wagen lieh. Dasz ich den Sterbenden erreichte. Laszt uns für uns alle um eine gute Sterbesstunde beten. Höre Grunewald! Höre Kurfürstendamm! Höre Lunapark! Nur so haben Leben und Sterben Sinn! Qui in Christo sunt!

 

Dr. CARL SONNENSCHEIN


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